Gebrückt oder nicht gebrückt

  • Hallo Technik-und PA Freunde.


    Mir ist bei den von mir verwendeten Lautsprechern schon mehrfach eine Gemeinsamkeit aufgefallen, worüber ich mich stets wundere aber keine sinnvolle Erklärung habe. Es gibt sie sicher und jemand von euch hat sie vielleicht auch.


    Es betrifft z.B. die RCF TT CXA 45 oder die RCF TTL6-a

    Beide verwenden für den Tieftonberiech zwei identische Tieftöner ( 2x 10" bzw. 2x12")

    Beide habe für den Tieftonbereich die gleiche Endstufe (Pascal S-pro2)

    Die Endstufe hat zwei Kanäle mit jeweils 500W bei 4 Ohm.

    Die Tieftöner vertragen auch genau diese Leistung. Nun schließt RCF dort aber nicht zwei 4 Ohm Chassis an jeweils einen Kanal an,

    sondern Brückt die Enstufe (1000W bei 8 Ohm) und schließt zwei 16 Ohm Chassis parallel an. Am Ende wird jedes Chassis wieder mit den 500W bedient, soweit rechnerisch klar. Aber warum machen Sie es so. Bringt das irgendwelche Vorteile für die Endstufe, die Chassis oder den Klang :?: :?: :?:


    Vielen Dank!

  • - Gebrückt kann man mit niedrigerer Versorgungsspannung arbeiten und ggf. da etwas optimieren bzw. sind die Reserven für Peaks höher.

    - So ist sichergestellt, dass beide Lautsprecher exakt das gleiche Signal bekommen, was relevant sein könnte, wenn das Gehäuse keine Trennwand o.ä. hat.

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  • Die Spannungs-Rails werden dadurch symmetrisch belastet. Bei Impulsen wird sowohl die positive als auch die negative Rail belastet. Im einfachen Parallelbetrieb würden beide Kanäle die gleiche Rail zeitgleich belasten.

    Wie groß der Vorteil dadurch ist, vermag ich aber nicht zu beurteilen. Wahrscheinlich ist dadurch die gemessene Peakleistung höher.

  • Da gibt es bei der Konzeption von selfpowered Lautsprechern sicher verschiedene Philosophien.

    So hat z.B. MeyerSound traditionell eher niederohmige Chassis am Start und dafür dann eingebaute Endstufen, die mit vergleichsweise niedrigen Spannungen auskommen. Ich denke die Idee hinter den niedrigeren Versorgungsspannungen ist, dass zumindest früher die Bauteile leichter zu beschaffen und die Ausfallsicherheit größer waren.

    Was auch noch heute eine Rolle spiielen könnte ist die Langezeitstabilität z.B. bei Schmutz auf den Platinen, wo Spannungsüberschläge bei niedrigen Railspannungen nicht so wahrscheinlich sind.


    Lautsprecher mit 16 Ohm Nennimpedanz haben i.d.R. schon deutlich abweichende Thiele Small Parameter, so dass der Unterschied zu 8 oder 4 Ohm Chassis nicht nur die Nennimpedanz ist.

    Viele Grüße,
    Fux

  • Ich halte Brückenbetrieb immer (noch) für eine Notlösung, welche es zu vermeiden gilt. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die Endstufen das mittlerweile heute besser können, doch der direkte Vergleiche einer Peavey CS800X gebrückt gegen eine Dynacord L2400 (an einem Kanal ungebrückt), welche beide 1200 W @ 4 Ohm liefern und jeweils einen Sub (wechselseitig derselbe) treiben, hört man sehr deutlich die gebrückte Endstufe heraus. Die Wiedergabe ist im Brückenbetrieb schwammig und "unmotiviert". Im ungebrückten Betrieb (auch bei der CS800X, halt weniger Leistung dann), präziser und dynamischer.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Rein prinzipiell ist eine gebrückte Schaltung (wie sie ja auch in machen Endstufen auf jedem Kanal schon im Stereobetrieb verwendet wird) kein Nachteil.

    Es kommt halt immer darauf an, was das Gerät an Strom liefern kann und mit welcher Abschlussimpedanz die Brücke belastet wird.

    Wenn eine Endstufe an 4 Ohm gegenüber 8 Ohm kaum noch an Leistung zulegt, ist es natürlich ein absolutes NoGo diese dann in Brückenschaltung an 4 Ohm beteiben zu wollen, was für jeden Kanal einem 2 Ohm Betrieb entspricht.

    Wenn die einzelnen Endstufenkanäle an 4 Ohm gegenüber 8 Ohm Ihre Leistung praktisch wirklich fast verdoppeln, dann kann man zwei Kanäle auch gerne gebrückt mit einer 8 Ohm Last betreiben.


    Was leider immer wieder zu beobachten ist, ist die bereits oben beschriebene Konfiguration:

    Da werden Endstufen, welche an 4 Ohm gegenüber 8 Ohm schon im Stereobetrieb kaum noch zulegen (also da schon in Kalamitäten bei der Stromliefefähigkeit kommen) gebrückt dann eben an 4 Ohm betrieben. (was ja wie bereits erwähnt einem 2 Ohm Betrieb in Stereo gleichkommt)

    Dass da nichts mehr Gescheites dabei herauskommt ist dann auch nicht verwunderlich, weil die Endstufe ständig in die Strombegrenzung läuft.


    Es gibt (oder gab) auch Endstufen, welche von Haus aus eine etwas niedrigere Ausgangsspannung und dafür eine höhere Stromlieferfähigkeit vom Ihrer Auslegung her auswiesen und somit auf den 2 Ohm Stereo- bzw. 4 Ohm Brückenbetrieb ausgelegt waren. Klassisches Modell Camco DL3000 2P.


    Dennoch würde ich, gerade wenn die Kabelwege von den Endstufen zu den Lautsprecher nicht extrem kurz sind, von einem Konzept, das den 2 Ohm Betrieb als Standard vorsieht, eher absehen.

    Viele Grüße,
    Fux

  • Nun schließt RCF dort aber nicht zwei 4 Ohm Chassis an jeweils einen Kanal an,

    sondern Brückt die Enstufe (1000W bei 8 Ohm) und schließt zwei 16 Ohm Chassis parallel an.

    meine erfahrungen mit Pascal modulen sagen mir, dass die stromlieferfähigkeit dieser module ein bisschen beschränkt war. tieftonlautsprecher anzutreiben gehörte jedenfalls nicht zu ihrer stärke.

    insofern kann ich den ansatz verstehen, die teile gebrückt lieber an etwas höheren impedanzen laufen zu lassen - in diesem fall also 8ohm gebrückt (bedeutet 4 ohm für jeden verstärker).

    wie du ja schon schreibst, ist das aber auch kein wirklicher vorteil gegenüber zwei amps an zwei 4ohm speakern.


    das argument, dass dann beide chassis exakt den selben antrieb bekommen, also in jeder situation gleich angetrieben werden, ist stichhaltig und dürfte deshalb der wesentlichere teil der entscheidung für den brückenbetrieb gewesen sein.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • vielen Dank für die vielen Antworten welche doch einige interessante Gedankengänge beinhalten.

    Für mich erschien auch das Argument der identischen Versorgung beider Lautsprecher als ein schlüssiger Ansatz. Die beiden Tieftontreibe sitzen, wie richtig vermutet, im selben Gehäuse.

    Wobei ich noch erwähnen sollte, dass es sich dabei um keine Subwoofer handelt sondern um einen Leistungsstarken Monitor (CXA) und um ein recht potentes Topteil (TTL)

    In den Subwoofern die Ich von RCF nutze sind allesamt ICEPower ASP 1000 verbaut. Im doppel 18" jeweils zwei ASP wo dann jede ein Chassis antreibt. Ich weiß nicht so recht ob die ASP 1000 hier besser geeignet ist was die Stromlieferfähigkeit angeht, wobei mir das verbaute Netzteil schon etwas potenter wirkt. Aber da möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da meine Kenntnisse im Elektronikberiech sich nur auf die Basics beschränken.


    Bei der TTL6 war mir auch immer rätselhaft, wie RCF bei den Leistungsangaben auf 700W für die Mitten und 400W für die Höhen kommt. Schließlich ist dafür auch die bereits genannte Pascal verbaut. Letztendlich haben die bei den Mitten vier 8Ohm Chassis parallel an einen Kanal angeschlossen und auf den anderen ein 8Ohm Hochtontreiber. Nun ja, mit den 2Ohm/8Ohm kommt man da dann wahrscheinlich irgendwie hin. Liefern tun die Teile jedenfalls ziemlich ordentlich auch wenn ich die Angaben in Datenblatt ein wenig skeptisch sehe.

  • Also ich kann ehrlich gesagt keinen sinnvollen Grund erkennen warum man nicht 2* 4 Ohm Chassis (Bi-Amp) nimmt und stattdessen dann 2* 16 Ohm parallel an einem gebrückten Amp verbaut.


    Das Argument mit DSP-Kanälen lass ich nicht gelten, weil man ja die zwei Eingänge des Amps ja einfach hätte parallel anfahren können mit einem Kanal.

    Wenn die Gain/Phasen Unterschiede der zwei Ampkanäle so unterschiedlich wären, dass es zu potentiellen Problemen zwischen den beiden Speakern kommen würde, dann würde das Ampmodul als solches definitiv nichts taugen.

    Ich hatte vor längerer Zeit ja mal einen Erfahrungsbericht geschrieben zu den Unterschieden zwischen SUB 8004 (1000 ASP) / SUB 8003 (S-Pro 2) .
    Fakt ist jedenfalls, dass der 8003er sub mit dem S-Pro2 ne Ecke weniger Power hat als der 8004. Aber ob das tatsächlich nur an dem Ampmodul liegt ...? Ich denke da spielen die Treiber und die Gehäusekonstruktion auch eine relevante Rolle mit...

  • Also ich kann ehrlich gesagt keinen sinnvollen Grund erkennen warum man nicht 2* 4 Ohm Chassis (Bi-Amp) nimmt und stattdessen dann 2* 16 Ohm parallel an einem gebrückten Amp verbaut.

    Wenn beide Chassis an einem Amp hängen, sind sie besser gekoppelt, als an getrennten Amps, die vielleicht einen nicht ganz optimalen Dämpfungsfaktor bieten. Außerdem werden die Rails dann mit dem doppelten Strom belastet. Also wenn man die Chassis an getrennte Amps hängt, würde ich trotzdem einen invertieren.
    Ein Grund für den Bridge-Mode beim TMT kann auch die Kombination mit dem Hochtöner sein. Die CPD12 z.B. hat eine Fullbridge Class-D für den TMT und eine einfache MOS-FET-Endstufe für den HT. Damit bekommt der TMT bei Versorgung aus den selben Rails die vierfache Leistung. Bei einer Doppelbestückung fällt dieses Argument allerdings.

  • Wenn beide Chassis an einem Amp hängen, sind sie besser gekoppelt, als an getrennten Amps, die vielleicht einen nicht ganz optimalen Dämpfungsfaktor bieten.

    Naja , bei größeren Anlagen laufen immer mehrere Ampkanäle

    parallel mit dem selben Signal , das funktioniert problemlos .

    Ich glaube wir werden von Wahnsinnigen gelenkt,

    zu einem wahnsinnigen Ende,

    und ich glaube ich werde als Wahnsinniger eingesperrt,

    weil ich das sage.


    John Lennon

  • ... und mal abgesehen von den theoretischen überlegungen hier:

    funktionieren die genannten RCF TT CXA 45 oder die RCF TTL6-a irgendwie nicht gut, oder warum kam die frage eigentlich auf?


    meine überlegung dabei: ist es nicht im endeffekt egal, wie ein hersteller das löst? die ingenieure dort haben sich ja sicher etwas dabei gedacht.

    denn entscheidend ist für unsere arbeit ja immer das endergebnis und nicht der weg dahin.

    oder sehe ich das falsch?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • denn entscheidend ist für unsere arbeit ja immer das endergebnis und nicht der weg dahin.

    oder sehe ich das falsch?

    Gebe ich dir prinzipiell natürlich recht - ich finde es umgedreht aber auch nicht verkehrt über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen um zu verstehen was wieso wo gemacht wurde.

  • natürlich darf (und muss) man als interessierter techniker auch fragen dazu stellen, wie etwas gemacht wurde. das will ich ja nicht in abrede stellen. aber hier sind wir eben an einen punkt gekommen, wo man ganz einfach sagen muss: wir kennen die genauen beweggründe der ingenieure nicht, die den lautsprecher entwickelt haben. es geht hier eben nicht mehr darum, warum man es so gemacht hat, es wird nun noch vermutet ... und das ist dann ja eigentlich kein blick über den tellerrand mehr, sondern stochern im nebel. darauf wollte ich hinaus.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang