hat AVB in der Installationstechnik Dante überholt?

  • gestern hatte ich eine interessante diskussion mit einem kollegen.

    er fragte, warum wir für unsere veranstaltungstechnik noch Dante bevorzugen.

    ich sagte: "weil es sehr weit verbreitet ist und zuverlässig funktioniert. es gibt sehr viele hersteller, die Dante-fähige geräte anbieten. das ist ein großer vorteil von Dante, man ist sehr flexibel"

    er meinte: "in der audio- und video-installationstechnik werden kaum noch Dante geräte eingesetzt, dort setzten alle auf AVB oder Ravenna, weil es dafür keine lizenzgebühren gibt"


    da ich nun schon ein paar jahre aus der installationsbranche raus bin (ich habe etwa 20 jahre lang hauptsächlich video-konferenzräume und ähnliches gebaut) würde mich mal interessieren, ob sich da tatsächlich ein so großer wandel vollzogen hat. ich kann den wissenstand des kollegen nicht wirklich einschätzen.

    deshalb mal die frage an die schwarm-intelligenz: wie sind denn eure erfahrungen dazu?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Der Kollege von RTS Intercom hat erst neulich davon geschwärmt wie weit verbreitet Dante in den USA in Medieninstallationen, beim Rundfunk, etc. ist. Darum sind die da auch Marktführer, weil eben alles über Dante läuft und die hier schlecht Fuß fassen, weil alles AES ist ...

  • AES ist halt auch für Einzelsignale sehr Praktisch und absolut easy.

    AVB sehe ich zumindest immer häufiger bei L-acoustics ... :/


    Mir reicht Dante, AES und (Giga-)Ace. Never touch a running System *finger

  • Ich sehe das so: Für unsere Switche kostet die AVB Freischaltung Lizenzgebühren. Dante funktioniert Out of the box.

    Abgesehen von ein paar Amps hatte ich sonst null Berührungspunkte mit AVB. Unsere Pulte können kein AVB. Unsere AVIOs können kein AVB und meines Wissens nach gibt es für viele Dante Audio Produkte kein Äquivalent mit AVB zu vergleichbaren Preisen. Unsere dLive kann ebenso kein AVB sprechen. Jegliche Form der AVB Implementierung wäre also erstmal teuer und/oder beinhaltet eine zusätzliche Wandlung.

  • Ich bin seit langen Jahren in der Medientechnik unterwegs und habe AVB und Ravenna immer noch nicht bewußt in den Installationen bemerkt. Dante ist hingegen allgegenwärtig.

    Einmal editiert, zuletzt von tommes () aus folgendem Grund: Typo

  • Dante ist halt der kleineste gemeinsame Nenner.

    Kann schon sein das AVB irgendwas besser/günstiger kann. Aber Dante bekommt man bei uns halt von fast jedem Hersteller für so ziemlich jede Produktart.


    Ansonsten bin ich weiterhin ein Fan von AES/EBU. Einfach weil es Simpel ist und schon immer funktioniert. Natürlich nur für die Signalverteilung Funke <-> Stagebox <-> Amps und so einfache Sachen.

  • AVB hab ich in freier Wildbahn fast noch nie gesehen.

    Vielleicht meint der Kollege AES67? Weil das sehe ich oft, dass Dantegeräte im AES67 Modus betrieben werden, da z.B. QSC für die Dante Lizenzen extra Geld haben will und AES67 kostenlos mit dabei ist.


    Riedel verteilt die Daten intern meines wissens auch mit AES67, vielleicht bezieht sich der RTS Kollege darauf.


    Ansonsten scheint im Broadcast dieses SMPTE 2110 das große Ding zu sein, aber auch da sehe ich keine Schnittmenge mit AVB.

  • Echt? In Deutschland scheint mir manchmal, als ob Fachplaner weder das eine noch das andere kennen. Überhaupt kann man erstmal froh sein, wenn es Cat-Infrastruktur gibt. Die sind meistens in nicht nutzbar weil zu alt/schlecht gepflegt/undokumentiert oder nicht nutzbar weil sich d Firma mit IT-Schwachstellen verbrannt hat und sperrt alles (so dass die eigenen MA lieber das WLAN nutzen und sobald nur ein Switch oder mehr als eine MAC-Adresse am Anschluss hängt ist dieser sofort dicht) oder dafür Ports geschaltet werden, was nur mit 24h Vorlauf durch die IT in Indien oder sonstwo geht...


    Oder auch nicht, weil dann mit irgendwelchen Umsetzern Signale konvertiert werden (mit lustigen Kästen in alter Desktop-PC Größe HDMI auf Cat oder noch lieber Glas - und ja auch bei teuren Neubauten die noch nicht fehlerfrei übergeben sind.)

    Eher gleich häufig tritt NDI mit Dante auf, gerade alle die seit Corona nachgerüstet haben.


    Je nach Hintergrund oder wie eng das eigene Blickfeld ist mag das anders sein: Ein LAWO-Vertriebler wird das anders anders als der Yamaha-Mensch sehen.

    Im täglichen VA-Bereich ist eigentlich hauptsächlich Dante, Art-Net, NDI, SRT was so unterkommt.

  • Dante ist halt der kleineste gemeinsame Nenner.

    Kann schon sein das AVB irgendwas besser/günstiger kann. Aber Dante bekommt man bei uns halt von fast jedem Hersteller für so ziemlich jede Produktart.


    Ansonsten bin ich weiterhin ein Fan von AES/EBU. Einfach weil es Simpel ist und schon immer funktioniert. Natürlich nur für die Signalverteilung Funke <-> Stagebox <-> Amps und so einfache Sachen.

    wenn mal über das Splitten von Signalen und Clocking nachdenkt ist AES/EBU bei weitem nicht so pflegeleicht wie Dante.

  • Ja, da hast du auch einen Punkt. Aber da ich vermutlich ein ewig gestriger bin, werde ich wohl daran nix mehr ändern bis es neue Geräte gibt.


    Bei Neuanschaffungen schaue ich natürlich darauf, dass das Gerät wenn möglich/sinnvoll Dante kann.

  • Vielen Dank für die Rückmeldungen.

    Da liege ich also offenbar nicht falsch mit meiner Annahme, dass Dante nach wie vor sehr weit verbreitet ist.


    Dass für AVB auch lizenzgebühren fällig werden, wusste ich gar nicht. Aber irgendwie muss die Entwicklung ja auch bezahlt werden, is klar.


    Was das Thema Videoübertragung per Netzwerk angeht: da macht Dante ja gerade einen Schritt, aber das scheint doch recht zäh anzulaufen.

    Der Kollege schwärmt sehr von SDI, aber dafür müssten wir neue Kabel durchs Haus ziehen. Von Smpte2110 hatte ich bisher noch nie gehört, auch für diese Info vielen Dank!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • My2Cent für die nächsten Jahre:


    AVB (Audio): Kommend im Bereich komplexere Beschallungsverdrahtung (s. Lacoustic/d&b), vermutlich auch Installation (z.B. Tesira), die für den Nutzer „unsichtbar“ bzw. nicht veränderbar sein soll.

    Ravenna: Studio/Broadcast

    Dante: Mobile/temporäre Infrastrukturen vom Mic/Stagebox bis Pultausgang/Immersive DSP, Ausbau bestehender Installationen (z.B. mit kleinen Dante POE-Lautsprechern), Installationen die von kleineren bis mittleren „Eher der VA-Technik zugehörigen“ Firmen durchgeführt werden.

    AES3: nach wie vor tolles und günstiges Übergabeformat von Pult/Immersive DSP an Endgeräte wie DSP Amps (2/4ch) oder Rekorder/Embedder mit überschaubaren Clockingvarianten.


    Was m.E.n. viel wichtiger ist und worauf viel zu wenig Wert gelegt wird (gerade bei den ganzen typischen Dante-Installationen die man so vorfindet):

    Trennung von mobiler und stationärer Technik (also quasi „vor“ und „hinter“ dem Mischpult.

    Ob als AVB/Dante-Bridge, per AES3 oder extra Dantekarte im QL1-Slot oder meinetwegen Analog: Wenn man mal erlebt hat wie in einer nagelneuen Arenainstallation die Beschallung während eines Hockeymatches aussetzt, (vermutlich, da zeitlich passend) weil im Nebenraum ein neues Gerät an‘s Netzwerk gestöpselt wird, weiss man solche „Zusatzinvestitionen“ in ganz neuem Licht zu sehen.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Mir ist ein separates Netz für Dante auch deutlich lieber als über irgendeine teils fragwürdige Haus Installation auf der noch alles mögliche andere läuft/laufen kann.


    Wenn Dante mit Video vernünftig ans laufen kommt, wird es sich bei uns weiterhin am Markt behaupten. (Mein blick in die Glaskugel)

  • Ansonsten scheint im Broadcast dieses SMPTE 2110 das große Ding zu sein, aber auch da sehe ich keine Schnittmenge mit AVB.

    IMPX wird auch grad sehr gehypt. zZ treten 2110 und IMPX als Konkurrenten auf, obwohl sehr viel SMPTE 2110 unter der IPMX Haube steckt. Mal sehen wer das Rennen macht.


    IPMX

  • Der Kollege schwärmt sehr von SDI, aber dafür müssten wir neue Kabel durchs Haus ziehen.

    Naja 3G SDI ist so ein wenig das DMX des Videos. "Eigentlich" kann man da wenig falsch mit machen, ist weit verbreitet, läuft irgendwie immer und als Hausleitung wäre man da häufig schon froh drum. Mit Glück tun es sogar alte Koax-Leitungen.. mal getestet?

    Ganz so schnell Aussterben dürfte es nicht.

    Nur: alles was in höhere Datenraten geht, braucht doch etwas Zuwendung und bei weitem nicht jedes beworbene 12G-Kabel schafft das (was man häufig beim Blick ins Datenblatt sieht). Und es bleibt eine Punkt zu Punkt Verbindung.


    Dante Video hätte alle Chancen, denn man überträgt dir bekannten Vorteile eigentlich ganz gut - aber wenn man nichtmal die bisherigen Chips liefern kann, bleibt der Durchbruch da gerade aus.

    NDI: Für kurze Wege oder um Calls reinzuholen okay, aber irgendwie läuft es selten richtig gut und stressfrei (was vielleicht auch an den Endgeräten liegt), auch weil es sich schnell inkompatibel weiterentwickelt und manche Flexibilität an Formaten auch zum Fluch wird.

  • AVB beinhaltet auch Video

    Nein nicht zwingend.


    Das Zeug heißt auch nicht mehr AVB.
    Zur Abgrenzung von den anderen Technologien hat man das in TSN umbenannt. Das belegt aber dann auch, dass man andere Dinge damit machen kann. Die Konzentration auf die Audiotechnik bringt dann schon wieder etwas neues hervor. Milan.


    Beim Umherreisen in den Konferenzzentren der Republik ist mir bisher keine AVB/TSN/Milan Installation begegnet. Dante hingegen schon, da sich Yamahas QL oder CL in diversen Installationen etabliert haben.


    Ich kenne nur eine einzige Installation mit AVB. Da hat aber der Anwender keinerlei Berührungspunkte mit der Vernetzung. Benutzerinterface ist ein Crestron System.
    Wegen der komplizierten Wartbarkeit des Systems könnte sich da aber in den nächsten Jahren etwas ändern. Es wird aber bestimmt kein AVB System werden.

  • Dass für AVB auch lizenzgebühren fällig werden, wusste ich gar nicht.

    Nicht für AVB selbst. TSN ist eine Sammlung von Standards, die frei benutzt werden dürfen.
    Allerdings benötigen die Protokolle einige Funktionen in den Netzwerkkomponenten, die nicht überall implementiert sind und bei manchem Hersteller zusätzliche Gebühren für die Nachrüstung kosten.


    Bei einigen Geräten (Switchen, Routern) geht es aber out of the box, diese gehören aber nicht unbedingt zu den Schnäppchen.

  • Ein großer Unterschied ist auch, daß Dante ein Layer 3 Protokoll ist, somit ist es in ein übliches Netzwerk relativ einfach zu implementieren. Es kann auch über subnetze hinweg geroutet werden, da alles IP. In größeren Installationen hat audinate mit dem Domain Manager auch ein recht mächtiges Tool am Start zur Rechteverwaltung.

    AVB ist Layer 2 und benötigt entsprechende Switches, die teilweise ein vielfaches der üblichen Verdächtigen kosten. Der Lizenzvorteil ist damit eigentlich schon hinfällig. Es hat andere Vorteile, das wurde auch hier im forum schon diskutiert, aber nicht für Installationen.

  • Bei SDI nicht zu vergessen die 16Audio Signale die man mal eben mit übertragen kann ;)


    Aber beim Thema Video over IP sollte man auch SDVoE im Auge haben, allerdings muss man beim Video immer die Datenmengen im Auge behalten da wird schnell mal ein 25G Netzwerk Pflicht wenn man 4K übertragen möchte. Hier hat IPMX definitiv ein paar interessante Ansätze, wobei ich noch skeptisch bin bei der Aussage das sie 4K60 4:4:4 mit 1G/sec übertragen können.

    Daniel Frigger

    Sales&Support

    Vari*Lite//Strand Lighting

    GreenHippo


    CAST C.Adolph & RST Distribution GmbH