Wie man heute Mischen lernt ...

  • es ist wie immer: alles relativ :)

    Im Gegensatz zur weiterhin gültigen 42 als Antwort auf alles, gilt bei Audio die generelle Antwort: „es kommt drauf an“ 😬

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • Mein Konzept:

    Ich gebe der Band das Gefühl, dass sie in guten Händen ist. Selbstsicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit.

    Ein paar blöde Scherze um die Stimmung zu lockern und solche Sachen halt.

    Wenn die Band entspannt ist und gut drauf, dann hab ich schon gewonnen. Denn dann machen die einen guten Job und das ist der Grundbaustein zu einem gelungenen Abend. Die wenigsten Zuhörer achten darauf ob bei 624Hz 2db zu viel sind oder der Kompressor ne Ratio von 3:1 oder 5:1 hat.

    Die Zuschauer wollen eine gute Band hören und ich versuche es einfach nicht schlechter zu machen als das was ich an Input von der Band bekomme. Thats it.

  • was ist denn an l r aufstellung verkehrt?

    wenn man eine gute pa vorfindet kann man auch ohne probleme mit wenigen eq einstellungen sich die so hinbügeln, das die nach eigenem gusto klingt. das wird sich bei dem durchschnitts konzert auch nicht anders machen lassen, da die budgets eben bei einem 500pax konzert keinen systemer her geben,

    da kann man dann aber auch mit steuern indem man sich die mühe macht, mal mit dem tec dienstleister zu kommunizieren. das macht ja auch der ein oder andere tec nicht, da zeit geld ist oder eben keine lust.

    das gehört für mich aber auch zu einem mischen lernen, das man kommuniziert und sich auch die mühe macht, das zu tun!

    Naja destruktive Interferenzen im Bassbereich durch ungünstige Abtsnadsverhältnisse der einzelnen Subs zueinander kann man selten am EQ ausbügeln. Klar kann man die Konstruktiven Interferenzen Bekämpfen, das änder aber nichts daran, dass es dann meist auch komplette Löcher ohne Bass gibt. Auf Tour durch Clubs und kleinere Theater im Land werde ich damit leider ständig konfrontiert.

  • Ja da ist man oft auch selber schuld wenn man den anderen Dienstleister nicht anruft.


    Ich kann da nur von nem Kollegen neulich mit nem TW Ella schwärmen. Ich wollte kein Stummelarray, Subs in der Mitte und eine Rockige Abstimmung. Ich muss wohl seh dumm geschaut haben als da das Ella von der Decke bis kurz über Ohrhöhe gehangen ist. Klanglich war das sehr gut und so wie gefordert. Durch das Cardio am Top klang das auch so als wäre die Schallwand 60cm breit.

  • ...vielleicht sollten wir hier erstmal definieren, was denn "mischen lernen" bedeutet.

    Es gibt ja durchaus unterschiedliche "Herantastweisen" - der eine versucht dem Nachwuchs erst die Basis der akustischen Voraussetzungen näher zu bringen, der andere konzentriert sich auf Pultarbeit und versucht dort ein wenig "Sicherheit" zu gewinnen, bevor dem Azubi die Unterschiede in Mikrofonie, Quellenaufstellung (sowohl PA, als auch Musiker/Instrumente) verdeutlicht werden.


    Ich hatte lange Jahre ein völlig anderes Konzept:

    Ein Mischer braucht 'Eier' (die Koleginnen mögen diese etwas sexistische Wortwahl verzeihen, aber es verdeutlicht etwas genauer, was ich meine, als das Wort Selbstsicherheit...)

    Ein wenig testosterongesteuerte Selbstdefinition, gepaart mit viel Kollegialität und Empathie.

    Aber man muss sich eben ganz oft durchsetzen und die eigene Vorgehensweise rechtfertigen können, bevor zu viele Köche mitreden.


    Das sind jetzt keine typisch männlichen Voraussetzungen, ganz im Gegenteil: oft ist die empathische Seite viel mehr gefragt, um Lösungen zu finden.

    Dieser Teil überwiegt auch auf den kleineren Veranstaltungen, wo der Mischer auch Systech, Aufbauhelfer, Stagemanager - kurz Einer-für-alles ist.


    Ich habe Neueinsteiger im Club-sektor daher viel eher "auf der Bühne" beim Mikrofonieren, Kabelwickeln, Stöpseln und im Bandkontakt anfangen lassen, als am Pult.

    Natürlich verinnerlichen sie dabei unbewusst auch die anderen Herantastweisen - aber eher unbewusst und ohne, daß ich Wert auf Erklärungen zu Boxenaufstellungen & Mikrowahl gelegt hätte. Wenn Neulinge danach Fragen - umso lieber, dann haben sie Interesse und Biss.


    Aber mir war das 'sich über Wasser halten können' wichtiger, als qualifizierte ausschließlich Mischende auszubilden. Mag aber auch daran liegen, daß ich mich selbst nicht in so einer Position sehe - weder weil ich es könnte, noch weil ich es wollte. ;)

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Das war damals…. frech*

    Heute dominiert ja das italienische Erziehungsmodell, welches bei den jungen Loiden maximales Selbstbewusstsein bei weitgehender Ahnungslosigkeit produziert….


    Was aber auf jeden Fall wichtig ist, zu lernen wie Kommunikation auf der Bühne zu Vertrauen und Kooperation führt. Das haben Frauen meist besser drauf.

  • mi scusa - aber ich habe nun auch nicht soo unitalienische Vorfahren...

    Und die Nachfolgende Generation ist doch seit Cato und irgendwelchen anderen griechischen Philosophen die schlimmste von allen...


    Ich vermied übrigens extra die Worte Selbstbewusstsein/-sicherheit/-ect.pp) und bevorzugte Eier; die Mischung zwischen Testosteron und Fragilität. frech*

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Schöner Fred! Was mir noch fehlt bei der Ausbildung von jungen Tontechnikern ist die Schulung von: "Wann nehme ich welche Ausrede für welches Problem?" Weil: Schuld ist immer was oder jemand anders :) iron


    (aber vielleicht lernt man das auch ganz automatisch... )

  • Jaaa, ein wichtiger Punkt!

    Man kann daraus aber unbedingt ein Konzept machen nämlich:


    Wie gehe ich es an, damit ich diese Taktik am wenigsten benötige?! ;)


    OK wir machen jetzt aus dem Gesagten mal ein Postulat:

    Der Job am Pult wird am geschmeidigsten, wenn wir VORHER alles richtig gemacht haben. Dazu fehlen aber noch ein paar Dinge, Vorschläge?

  • Da hüpfe ich mal mit meinen Erfahrungen hinein. In meinem Alltag (Kirchengemeinde) habe ich vor allem mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zu tun. Naturgemäß ist da die Bandbreite an 'Fähigkeiten' besonders groß. Von erfahrenen Hands, die bei einer PA-Bude aushelfen bis zu Konfirmanden deren technische Kompetenz vor allem in der Bedienung des Smartphones liegen ist alles dabei.


    Ab und an machen wir Schulungen - da fangen wir immer damit an, dass wir Kabel wickeln lernen, das gibt ein Gefühl für die Materie und erdet zu hohe Erwartungen. Am Mischpult beschränkt es sich zumeist auf Fader schubsen - wir haben hier nicht die sooo große Bandbreite und vieles ist schon gut genug vor eingestellt. Der Rest macht der Dugan oder die Gainautomatik der Sennheiser Speechline. (Zur Not habe ich das Remote-Tablett als Backup.)


    Ich setzte mich bewusst nicht als Aufpasser daneben. So wird gerade jungen MA schnell klar, dass sie hier verantwortlich sind und es auf Ihr Tun ankommt. Verantwortungsbewusstsein ist nicht sonderlich verbreitet aber man lernt es wenn plötzlich ein paar hundert Augen Richtung Mischpult gehen. scham*

    Ich merke aber einen deutlichen Generationenunterschied - ich selbst komme mit einem Yamaha QL oder einem 01V96 sehr gut zurecht, stehe aber mit der Bedienung der Yamaha TF mit ihrem 'Smartphone-Screen' auf dem Kriegsfuß. Bei den jüngeren MA ist es genau umgekehrt. Die bedienen die TF als wäre es ihr Handy. Den jungen MA zu liebe bleiben wir bei der TF. (Bitte jetzt keine Diskussion über Bedienphilosophien von Digitalpulten - das ist ein Beispiel, dass sich manchmal die Technik dem Bedienpersonal unterordnen muss)

    So richtig ins Eingemachte geht es dann z.B. beim Weihnachtsmusical - da wird gemeinsam aufgebaut, Soundcheck gefahren und auch mal was ausprobiert. Da ist aber dann auch die Zeit dafür da.


    P.S. Mir ist schon klar, dass in einem kommerziellen Umfeld ein anderer Wind wehen muss....

  • Der Job am Pult wird am geschmeidigsten, wenn wir VORHER alles richtig gemacht haben. Dazu fehlen aber noch ein paar Dinge, Vorschläge?

    Einen vernünftigen, aktuellen Rider der beinhaltet was die Band braucht und nicht das von dem sie schonmal gehört hat bei den "großen"? :)

  • Pünktlich an der richtigen Baustelle ankommen.

    Und am besten ein Angebot und AB schreiben wo man auch was verdient… sonst mach ich das nicht -außer vlt für ein Benefizkonzert. Es gibt genug Leute dies umsonst machen um was zu lernen…

  • Für mich persönlich ist eine wichtige Grundlage, dass am Mischpult eine Person werkelt, die gleichermaßen über gute technische Kompetenz wie auch über ein differenziertes musikalisches Gehör verfügt - und das möglichst ohne Liebhabereien, nach dem Motto: Ich spiele Gitarre, daher... 8o


    Ich habe im Schulzusammenhang durchaus Extreme erlebt. Den einen Schüler, der uns alles mögliche technisch realisieren konnte (und beim Aufbau eine große Hilfe war) - aber mit seinen Ohren einfach nicht die Bohne gehört hat, was musikalisch passiert auf der einen - und hervorragende Musiker, die aber mit Technik einfach nichts anfangen können auf der anderen Seite. Freundlich aber bestimmt wurden sie dann lieber mit anderen Aufgaben betraut (wobei die Musiker ziemlich problemlos für einen Titel mal ein paar Fader schubsen können, falls das mal notwendig ist und alles andere schon vorbereitet ist).


    Es gibt aber auch Glücksfälle mit musikalisch-technischen Doppelbegabung. Ein ehemaliger Schüler hat nach Studium und erster Stelle vor kurzem gerade einen neuen Job bei Innovaze (Nachfolger des insolventen "Amptown") angetreten. Der war zu seinen Schulzeiten jahrelang an Ton- und Lichttechnik virtuos unterwegs. Er kombiniert schnelle Problemerfassung, ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Problemlösekompetenz sowie technisches Verständnis auf hohem Niveau mit den Kompetenzen eines Musikers, der diverse Instrumente spielt. Aktuell wächst gerade ein Neuntklässler in das Aufgabenfeld hinein, der ganz ähnliche Eigenschaften mit sich bringt.


    Beide haben sich auch ohne analoges Vorbild mit moderner Technik problemlos zurechtgefunden. Sie sind "digital natives" im besten Sinne. Die Funktion von Werkzeugen erfassen sie schnell und können diese direkt im Kontext anwenden. Beide waren/sind zuhause auch mit Musikproduktion befasst - das ist durchaus kein Nachteil, wenn es um die diversen Bearbeitungsmöglichkeiten geht (und man nicht dazu neigt, sich im Zusammenhang des Live-Mixes in unwichtigen Details zu verlieren).


    Gut, damit die Arbeit am Mischpult funktioniert, muss in der Vorbereitung schon einiges durchdacht und vorbereitet worden sein. Das steht dann auf einem anderen Blatt. Und Erfahrung ist durch nichts als weitere Erfahrung zu ersetzen. Fehler machen, neugierig sein, Lösungen suchen, ausprobieren und nie aufhören zu lernen.

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  • Mein Konzept der Vorbereitung : Bei unbekannten Bands schau ich ob ich möglichst aktuelle Videos finde und vergleich die schon mal mit dem rider…und um eine Idee von der Band zu bekommen. Dann bereite ich ein file vor mit jeweils spare kanälen zw. den Instrumentengruppen für z.b oh heute doch ein Tom mehr oder wir haben heute noch ne Mandoline dabei. Bei unbekannten Pulten lese ich auch gern das manual…habe meistens Zeit dazu auf dem Flug…ICE..ect. Gehe auch immer möglichst entspannt auf die Baustellle und versuche auch den Bands das Gefühl zu geben das sie gut betreut werden. Den Raum sehe ich eh erst vor Ort. Habe aber das file schon per mail vorausgeschickt damit die vor Ort Company das schon mal checken kann….software version passt? So läuft das immer ziemlich stressfrei ab.

    Habe ich mal Kollegen vor Ort die lernen wollen lasse ich mir gerne löcher in den Bauch fragen .

    Über eigene Fehler zu lachen, kann das Leben verlängern. Über die Fehler anderer zu lachen, kann es verkürzen.

    Cullen Hightower

  • ich versuche dem nachwuchs auf kleinen jobs immer möglichst viel freie Hand zu lassen und erlaube auch Fehler zu machen. ich erwarte dann aber auch das diese aufgearbeitet werden. so wird sich dann von einer 3 Mikrofon klein Beschallung bis zur vollständigen spanischen Kapelle, die kein Wort deutsch oder englisch können hochgearbeitet.

  • Bei unbekannten Pulten lese ich auch gern das manual…

    Hier wäre ein Punkt, auf den ich für Lernende VORHER Wert legen würde:


    Man muss das Manual nicht auswendig können aber man sollte doch VOR dem „Mischversuch“ an einem Pult schon

    - die Communications bedienen

    - Patchen und

    - Speichern, also das Geschraubte sichern können


    Talk back zur Kommunikation mit den Musikern, an den richtigen Stellen abhören (da gibt’s an den Digitalpulten genug Fehlbedienungsoptionen) die gewünschten Kanäle auch am richtigen Platz finden und nach dem Soundcheck weg laufen können, mit der Sicherheit, sein Ergebnis auch wieder aufrufen zu können, ist Voraussetzung und keine Kür.